Fallbeispiel - Gewebswasser / Einlagerungen beim Pferd
- Carolin
- 13. Aug. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Warum eine "Diät" zum Gewichtsverlust beim Pferd oft erfolgt, aber sinnlos ist.

Vor ca. 2 Jahren durfte ich eine Freundin und ihr Pferd, irisches Sportpferd, damals 18j. begleiten.
Wir nennen ihn hier "B". "B" stand einige Jahre in einem Stall auf einem Bauernbetrieb, hatte eine Auslaufbox und während der Weidesaison 4-5h Weidegang täglich. Soweit ich mich erinnern kann, auch teilweise mit einem pferdischen Freund zusammen.
"B" nahm über die letzten Jahre immer mehr zu.
Bei einem Gespräch zeigte meine Freundin mir Bilder, "B" sei nun auf Diät gesetzt. Er bekomme weniger Futter, sowohl Kraftfutter wie Heu. Damit er nicht so viel Stroh frisst, erhält er nun das bereits "gebrauchte" Stroh von seinem Boxennachbarn. Wenn die Pferde mittags von der morgentlichen Weide in die Box gebracht werden, werden sie in den Auslauf der Box gesperrt, bis es Zeit zur Abendfütterung ist.
Bilanz: Zwei Mal am Tag wenig Heu, wenig Mischfutter/Müsli - lange Fresspausen. Nachmittags im Auslauf min. 4h kein Futter, über Nacht ca. 12h kein Futter. Je nach Zustand der Weide etwas frisches Gras während 6 Monaten im Jahr. Auf der Winterweide kein Heu.
Habt ihr auch schon solche oder ähnliche Geschichten gehört? Das ist schon heftig und das schlimmste an der Geschichte - es nützt nichts! Im Gegenteil, es wird so nur immer schlimmer, da sich die negativ Spirale nicht auflösen lässt. Wie viele, wurde auch "B" trotz all der Massnahmen immer mehr Pferdemasse.
Eine Tierärztin meinte, dass "B" für sein Alter ziemlich alt aussehe. Meine Freundin wechselte anschliessend den Stall.
"B" erhielt ab sofort deutlich mehr Heu und etwas mehr Kraftfutter. Er hatte mehr Weidegang, auch im Winter und fast immer Futter zur Verfügung.

Quasi von Tag 1 an nahm er ab. Sein Stoffwechsel kam ins Arbeiten und nach 4-6 Wochen war er sogar dünn. Das angeblich dicke Pferd war in Rekordzeit schlank.
Meine Freundin war sehr überrascht und auch im ersten Moment ungläubig auf einmal ein schlankes/dünnes Pferd zu haben. Nach dem man über ein Jahr vergeblich versucht hatte, dass er abnahm. Nach einem Gespräch, bekam er dann nochmals mehr Hafer und sah innert 10 Tagen so aus - unglaublich, oder?!

Was also war eigentlich passiert?
Kurz gesagt war "B"s Verdauung im alten Stall unter anderem durch zu wenig Futter lahm gelegt worden. Denn das Pferd hat einen Magen er 24h am Tag Magensäure produziert. Das heisst, er funktioniert eher wie eine Dauerverbrennungsanlage. Im Gegensatz zur Verdauung beim Menschen. Hier wird vor allem Magensäure produziert, wenn Nahrung in den Magen kommt. Daher sind für uns Ess-Pausen wichtig. Beim Pferd ist es aber genau umgekehrt. Da der Magen 24h Verdauungssäfte produziert, müssen diese auch laufend mit neuem Futter neutralisiert werden. Die Speichelproduktion durch Kauaktivität spielt ebenfalls eine grosse Rolle und sollte nicht vernachlässigt werden.
Wenn ein Pferd zu wenig Futter erhält, nimmt die Magensäure überhand. Das verursacht Reizungen der Magenschleimhäute, die ein Pferd grantig, schmerzhaft und gereizt werden lassen können. Bei einem solchen Dauerzustand kann dies auch zu Magengeschwüren führen. Neben den magenbedingten Beschwerden fängt das Pferd an zu übersäuern. Sei es durch das ständige Anspannen der Muskulatur, um den schmerzenden Magen besser festzuhalten. Wir Menschen krümmen uns bei Magenschmerzen ebenfalls tendenziell zusammen. Und/Oder weil das zu verdauende Futter und die Magensäfte zu sauer sind, da sie im Verhältnis zu viel Säure enthalten für die Menge an Futter die verdaut werden soll.
Symptome sind zum Beispiel Unrittigkeit, Triebigkeit, säuerlicher Geruch des Fells/Ausdünstungen, starkes Riechen aus dem Maul, Speichel des Pferdes brennt auf der Haut.
Abgesehen von zu wenig Futter erhielt "B" auch Futter mit minderwertigen/schwer verdaulichen Inhaltsstoffen. Dies war zum Beispiel: Soja, Weizen, Mais in jeglicher Form, Brot, etc.
In den allermeisten Müslimischungen sind ein Grossteil sogenannter Füll- oder Zuschlagstoffe zu finden. Dies ist z.B. gepuffter Mais oder Mais im Allgemeinen. Denn dieser ist günstig und oft minderwertig. Minderwertig, da er für andere Futterprodukte bei den Kühen bspw. aussortiert wurde und weil er oft chemisch gegen Pflanzenkrankheiten behandelt wurde. Ähnliches gilt für den Weizen. Dieser ist für das Pferd schwer verdaulich und oft so hochgezüchtet, dass er kaum noch sinnvolle Nährstoffe bietet. Abgesehen davon ist auch dieser im konventionellen Ackerbau in den meisten Fällen chemisch belastet. Diese Futtermittel begünstigen insbesondere Wassereinlagerungen beim Pferd. Der Organismus weiss nicht wie er diese Stoffe aus dem Körper bekommen soll. Es ist zu wenig Futter vorhanden, diese einfach wieder auszuscheiden beim Fressen oder diese aussortieren zu können. Das Pferd lagert diese Abbauprodukte also im Gewege ein. Das Pferd bildet Wassereinlagerungen, um diese Abbauprodukte im Anschluss besser wieder loszuwerden. Das Gewebe sieht dann "verbeult" aus und fühlt sich schwammig an. Es gibt ebenfalls viele Pferde, die zwar keine "Beulen bilden, aber dafür grössere Körperflächen und manchmal auch komplett aufschwemmen.
Ich habe tatsächlich noch kein Pferd erlebt, dass bei einer Futterumstellung nicht nach 3-4 Tagen Wasser verloren hat, weil das minderwertige Mischfutter wegfiel. Auch bei sonst schon schlanken Pferden. Ich füttere Hafer, weil dieser viel weniger ertragsoptimiert wurde und viele Nährstoffe enthält, die für das Pferd wichtig sind. Zum Beispiel gibt es kaum noch andere sinnvolle Mangan Quellen in der Pferdefütterung. Das Pferd braucht aber vergleichsweise viel Mangan für das Bindegewebe und den Sehnenapparat. Zudem fördert Hafer die Verdauung, entwässert damit besser und kann so auch helfen zu entgiften. Hafer sättigt gut und führt zu mehr Aktivität mit gleichzeitiger Ausgeglichenheit beim Pferd. Hafer enthält auch Eiweiss, dass aber im Vergleich zu anderen Futtermitteln für das Pferd bekömmlicher ist und besser verdaut werden kann. Was ich den Pferden für Futter gebe wird in einem anderen Beitrag behandelt. Wenn du eine Futterberatung wünscht, melde dich über freehorse.ch bei mir.
Comments